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Theorie, Zeit und Ort des Lernens
Bevor es um die eigentlichen Lerntechniken geht, soll kurz vom Lernen an sich die Rede sein. Was ist Lernen überhaupt?
Lernen ist ein Prozess, bei dem man sich etwas aneignet, sich etwas merkt oder abspeichert und dieses Wissen dann später abrufen und wiedergeben kann. Idealerweise erfolgt die Speicherung nicht im Kurz- sondern im Langzeitgedächtnis, denn dort vorhandenes Wissen bleibt meist lange erhalten.
Grundsätzlich wird beim Lernen zwischen Auswendiglernen und Verstehen unterschieden. Beim Auswendiglernen konzentrieren Sie sich auf die Aneignung von Fakten und Wissen, verschaffen sich wie mit einem Scheinwerfer einen Überblick, was alles zu einem bestimmten Thema gehört. Auswendiglernen hat durchaus seine Berechtigung, da Sie z. B. nur richtig erfassen können, was das Besondere an einer gotischen Kathedrale ist, wenn Sie einige Fakten über Architektur, Geschichte, Symbolik u. ä. kennen.
Beim Verstehen geht es darum, Wesentliches zu erfassen, vom Allgemeinen und von Beispielen zu abstrahieren und Wissen auch mit eigenen Worten paraphrasieren zu können. Im Idealfall ist beides vorhanden – Auswendiglernen und Verstehen, weil ja z. B. eine Faktengrundlage notwendig ist, um zu abstrahieren.
Beim Lernen müssen Sie die vorhandenen Informationen als Lernstoff erkennen, sich aneignen, wiederholen und schließlich nutzen. Dabei ist die Motivation ganz wichtig. Warum wollen Sie etwas lernen? Hier kann sowohl die intrinsische als auch die extrinsische Motivation helfen. Letztere kann einfach in der Tatsache bestehen, dass Sie in einer Prüfung eine halbwegs gute Note erhalten möchten. Die intrinsische Motivation kann z. B. das Bedürfnis sein, durch Wissensaneignung den eigenen Horizont zu erweitern und ist meist etwas stärker als die extrinsische Motivation. Deshalb ist es für Ihren Lernerfolg sehr hilfreich, wenn Sie eine intrinsische Motivation entwickeln. Das ist auch mit der Tatsache verknüpft, dass Sie selbst lernen müssen, da Ihnen das Lernen niemand abnehmen kann.
Lerntypen
Um möglichst erfolgreich zu lernen, sollten Sie wissen, welcher Lerntyp Sie sind. Es gibt bei YouTube eine ganze Reihe von Tests, mit denen Sie Ihren Lerntyp herausfinden können.
Grundsätzlich werden drei Lerntypen unterschieden – der visuelle, der auditive und der haptisch-kinästhetische Lerntyp.
Der visuelle Lerntyp gehört der Bilderbuch-Fraktion an. Er merkt sich alles oder fast alles gut, was er mit dem Auge wahrnimmt und lernt deshalb besonders erfolgreich, wenn er dies mit visuellen Elementen tut – z. B. mit Bildern, Anmerkungen/Markierungen, einer Mindmap (also einer strukturierten Darstellung von Einzelpunkten, auch in Form eines Wortnetzes oder Organigramms), mit Skizzen oder mit einem Modell.
Der auditive Lerntyp gehört eher zur Hörspiel-Fraktion. Er kann sich Dinge gut merken, die er über die Ohren aufgenommen hat. Deshalb ist er beim Lernen besonders erfolgreich, wenn er z. B. Lernstoff laut aufsprechen oder aufsagen kann und sich dann auch ansagen lässt. Wichtig ist, bewusst auf das Gesagte zu hören und es nicht einfach nur so dahinplätschern zu lassen.
Der haptische oder kinästhetische Lerntyp schließlich gehört der Tast-Fraktion an. Er merkt sich Dinge und Informationen am besten, wenn er sie be-greifen, also tatsächlich anfassen kann. Um erfolgreich zu lernen, sollte er viel mit Bewegung arbeiten und beim Lernen z. B. auf- und abgehen und dabei die Arme und Hände bewegen.
Lerntypen treten allerdings meist nicht absolut, sondern eher in Tendenzen und Mischungen auf. Es ist hilfreich, wenn man den eigenen Lerntyp bzw. die Lerntypen im Hinterkopf behält, sollte sich aber nicht darauf reduzieren.
Zeitmanagement
Achten Sie beim Lernen auf Ihren Biorhythmus, denn zu verschiedenen Tages- und Nachtzeiten lernen Sie natürlich unterschiedlich gut. Berücksichtigen Sie also bei der Planung Ihrer Lernzeiten, ob Sie eher ein Frühaufsteher oder eine Nachteule sind.
Um erfolgreich zu lernen, ist auch ein bisschen Organisation hilfreich. Idealerweise stellen Sie sich einen Wochen- und einen Tagesplan auf, in dem Sie festhalten, was Sie wann lernen und schaffen wollen. Abends können Sie dann kurz notieren, was Sie geschafft haben und z. B. auch die Schwerpunkte des entsprechenden Lernstoffs auflisten. Wenn Sie das kurz vor dem Schlafengehen machen, haben Sie sehr gute Chancen, dass der Stoff im Langzeitgedächtnis haften bleiben wird.
Achten Sie beim Lernen darauf, regelmäßig Pausen zu machen und sich dabei auch zu bewegen. Das gibt Ihnen Gelegenheit, den Stoff sacken zu lassen und im Gedächtnis zu verankern. Machen Sie dabei lieber mehrere kürzere Lernetappen und Pausen als lange.
Zum Zeitmanagement gehört auch, dass Sie z. B. Wartezeiten nutzen können, um Stoff zu wiederholen. Abwaschen oder andere physische Tätigkeiten, bei denen man nicht nachdenken muss, bieten sich ebenfalls gut dazu an.
Der beste Zeitplan nützt natürlich nur etwas, wenn Sie ihn auch einhalten. Also versuchen Sie, sich ungefähr daran zu halten. Wenn Sie zur Prokrastination neigen – Und wer tut das nicht? –, suchen Sie sich langweilige Alternativen zum Lernen. Ich habe zu Prüfungszeiten immer etwas von Fontane gelesen. Keine Frage, seine Bücher sind gut geschrieben, aber oft eben recht eintönig, weil gefühlt so gar nichts passiert. Da war es dann gar nicht mehr so schwer, die Unterlagen zur Hand zu nehmen und tatsächlich zu lernen.
Ort und Lernumgebung
Wichtig beim Lernen ist auch der richtige Ort. Sie sollten dort Ruhe habe und alles andere ausblenden können. Idealerweise sollte es keine Ablenkungen geben. Der richtige Ort kann Ihr Schreibtisch, aber z. B. auch ein Arbeitsplatz in der Bibliothek sein. Egal, wo Sie lernen, achten Sie darauf, dass Sie alle benötigten Lernutensilien beisammenhaben. Wenn Sie keinen richtigen Lernort haben, können Sie auch eine bestimmte Schreibtischunterlage verwenden, die Sie ausbreiten und sich so einen Lernort schaffen.
Versuchen Sie, an einem möglichst stillen Ort zu arbeiten, an dem Sie nicht durch Lärm und andere Geräusche gestört werden. Auch Benachrichtigungen von E-Mail-Programmen und ähnlichem sollten Sie für die Zeit des Lernens stummschalten oder deaktivieren. Störungen können aber auch von innen auftreten, weil Sie z. B. an andere Dinge denken, die Sie auch noch erledigen müssen. Versuchen Sie, auch diese Punkte zu deaktivieren. Schreiben Sie die entsprechenden Aufgaben auf einen Zettel und verschieben Sie das Ganze so gedanklich auf einen späteren Zeitpunkt.
Lerntechniken
Wie sieht es nun aber ganz praktisch mit dem Lernen aus? Gleich an dieser Stelle möchte ich Sie darauf hinweisen, dass Sie viel Literatur zum Thema in der zweiten Etage der Bibliothek finden, falls Ihnen diese Schulung nicht ausreichen sollte.
Erfolgreiches Lernen beginnt grundsätzlich nicht kurz vor der Prüfung, sondern schon in der Vorlesung oder im Seminar. Wenn Sie sich hier aktiv beteiligen, fällt es Ihnen später viel leichter, sich mit dem Stoff vertraut zu machen.
Setzen Sie sich beim Lernen grundsätzlich kleine und auch realistische Etappen. Setzen Sie sich Ziele. Was möchten Sie insgesamt, was heute und was in dieser Woche erreichen? So gelangen Sie Stück für Stück zum Ziel und verlieren nicht Ihre Ausdauer. Es kann auch nicht schaden, kleine Belohnungen festzulegen, wenn Sie ein bestimmtes Ziel erreicht haben. Die Belohnung sollte aber in Relation zum Erreichten stehen und nicht z. B. ein Kinobesuch oder eine Verabredung sein, die Sie sowieso geplant hatten. Beachten Sie dabei auch, dass Erfolgserlebnisse viel mehr motivieren als Belohnungen.
Versuchen Sie, die vorhandenen Informationen zu strukturieren und Sinneinheiten herzustellen. Dabei kann Ihnen z. B. Citavi helfen, weil dieses Literaturverwaltungsprogramm gut dafür geeignet ist, Zusammenhänge zwischen einzelnen Wissenselementen herzustellen. Markieren Sie auch innerhalb des Stoffs, was Sie schon wissen und was Sie noch lernen müssen. Damit sehen Sie schnell, worauf Sie sich konzentrieren sollten und welche Bereiche Sie etwas vernachlässigen können.
Auch wenn Sie ein bestimmter Lerntyp sind, so resultiert doch erfolgreiches Lernen in den meisten Fällen aus einer Kombination verschiedener Lerntechniken. Je gründlicher und vielfältiger Sie sich mit etwas auseinandersetzen, desto besser werden Sie es sich merken können. Versuchen Sie deshalb immer, sich auf unterschiedliche Art und Weise mit dem Lernstoff auseinanderzusetzen, und testen Sie einfach, was für Sie am Hilfreichsten ist.
Probieren Sie folgende Lerntechniken aus. Sie werden dabei recht schnell merken, was für Sie gut funktioniert:
Lesen Sie sich den Lernstoff nicht nur durch, sondern schreiben Sie ihn auf. Wahrscheinlich ist es Ihnen schon passiert, dass Sie einen Spickzettel zwar geschrieben, dann aber gar nicht gebraucht haben. Oft merkt man sich eben gut, was man nicht nur gelesen, sondern selbst aufgeschrieben hat.
Für kleinteiligen Lernstoff können Sie dabei auch Karteikarten nutzen. Notieren Sie auf jeder Karte einen Fakt oder eine Information. Legen Sie alle Karteikarten geordnet nebeneinander und schon haben Sie einen visuellen Überblick über den Stoff. Sie können die Karteikarten beim Durchsehen und -lesen auch immer wieder mischen. So stellen Sie sicher, dass Sie die Informationen als einzelne Einheiten wahrnehmen und lernen und sich nicht nur merken, weil eine bestimmte Karte immer auf eine andere folgt.
Sie können den Lernstoff auch ansagen, entweder nur für sich selbst oder tatsächlich für ein Gegenüber. Letzteres hat den Vorteil, dass der andere nachfragen kann und Ihnen so aufzeigt, wo Sie vielleicht noch nachbessern können.
Sie können sich auch selbst Fragen zum Stoff stellen und diese dann beantworten. Hier kann es hilfreich sein, wirklich zu elaborieren, Ihr Wissen also richtig breitzutreten. Können Sie alle relevanten Einzelheiten wiedergeben oder bleiben Sie in manchen Punkten doch eher an der Oberfläche? Auch bei dieser Variante können Sie schnell feststellen, was vielleicht noch nicht so sicher sitzt.
Wenn Ihr Lernstoff viele einzelne Begriffe und Fachtermini beinhaltet, können Sie versuchen, die einzelnen Begriffe zu ordnen, zu strukturieren und zwischen ihnen zu differenzieren. Auf diese Weise lernen Sie sowohl die einzelnen Bestandteile, entwickeln aber auch einen Überblick.
Stellen Sie Assoziationen zwischen dem Lernstoff und z. B. einem Ort her. Diese Loci-Technik hat Cicero in seinem Werk „De oratore“ beschrieben. Dabei sucht man sich Punkte oder Gegenstände im Raum und verknüpft sie mit bestimmten Lernelementen. Durch die Assoziation fällt Ihnen der Lernstoff schnell ein, wenn Sie an die einzelnen Punkte im Raum denken. Cicero ist dabei in Gedanken wohl oft das Forum Romanum abgeschritten. Sollte Ihnen das nicht möglich sein, klappt es aber auch mit dem Wohnzimmer und den darin enthaltenen Möbeln.
Die Assoziationsmethode funktioniert übrigens auch als visuelle Variante gut. Überlegen Sie sich Bilder oder Eindrücke für den Lernstoff und wenn Sie sich diese dann ins Gedächtnis rufen, ist auch der Lernstoff präsent.
Versuchen Sie, eher gründlich als vollständig zu lernen. Konzentrieren Sie sich dabei auf das Wesentliche und verlieren Sie sich nicht in Einzelheiten. Dafür kann es hilfreich sein, wenn Sie Inhalte gedanklich oder schriftlich zusammenfassen und paraphrasieren. Dadurch setzen Sie sich auf intellektueller Ebene mit dem Stoff auseinander und werden ihn deshalb auch gut behalten können.
Überlegen Sie sich Definitionen für einzelne Begriffe oder Zusammenfassungen für einzelne Lernabschnitte. Auch hierbei findet eine intellektuelle Auseinandersetzung mit der Materie statt.
Wenn es der Lernstoff ermöglicht, können Sie Aufgaben bearbeiten und sich die Inhalte auf diesem Wege aneignen. Sie können sich auch Anwendungsgebiete für theoretische Bestandteile des Stoffs überlegen.
Wahrscheinlich wissen Sie es ja schon, aber Sie müssen sich natürlich nicht nur einmal, sondern mehrmals mit dem Stoff beschäftigen und ihn mehrmals wiederholen. Beim Lernen ist es wie bei vielen praktischen Dingen – durch Übung wird es besser. Achten Sie dabei aber darauf, verteilt zu lernen, also mit etwas zeitlichem Abstand. Sofortiges Wiederholen führt nur selten dazu, dass man sich etwas gut behält.
Hilfreich kann auch das Lernen in einer Lerngruppe sein. Hier können Sie idealerweise die Schwarm-Intelligenz nutzen, sich gegenseitig abfragen und auch motivieren.
Außerdem ist es wichtig, dass Sie die verschiedenen Prüfungsarten beachten: Sollen Sie etwas wiedergeben und kommentieren oder erläutern? Sollen Sie etwas anwenden oder umsetzen – z. B. Berechnungen oder Fallbeispiele? Sollen Sie etwas analysieren oder entwickeln, also Zusammenhänge erkennen? Es ist durchaus von Vorteil, die Prüfungsform zu kennen, da Sie dadurch unterschiedliche Schwerpunkte beim Lernen setzen können.
Folgendes sollten Sie unbedingt vermeiden:
Achten Sie beim Lernen darauf, ähnliche Inhalte nicht unmittelbar nacheinander zu lernen, z. B. erst englische und dann französische Vokabeln. Das kann zu Interferenzen, also zu Überlagerungen, führen, weil Ihr Gedächtnis nicht mehr auseinanderhalten kann, welche Vokabeln wohin gehören.
Und fangen Sie nicht kurz vor der Prüfung an, neue Lernmethoden zu testen. Um festzustellen, welche Lerntechniken Ihnen am besten liegen, brauchen Sie nicht viel, aber schon ein bisschen Zeit und die haben Sie kurz vor der Prüfung wahrscheinlich nicht. Außerdem wäre es zu diesem Zeitpunkt auch zu anstrengend, sich in neue Lernmethoden einzuarbeiten, wenn Sie eigentlich damit ausgelastet sind, sich den Lernstoff anzueignen.
Konzentration
Noch ein abschließendes Wort zur Konzentration:
Versuchen Sie beim Lernen, sich ganz auf den Stoff zu konzentrieren und Ihre Aufmerksamkeit darauf auszurichten und zu fokussieren. Ihre Konzentration wird insgesamt von mehreren Faktoren beeinflusst, z. B. durch die Umgebung und den Zeitpunkt des Lernens, aber auch dadurch, ob Sie ausgeruht sind und genug geschlafen haben. Achten Sie darauf, dass sich diese Faktoren nicht negativ aufs Lernen auswirken.
Wenn es Ihnen schwerfällt, sich auf den Lernstoff zu konzentrieren, können Konzentrationstechniken hilfreich sein. Versuchen Sie z. B., sich auf ein Geräusch zu konzentrieren, dass Sie beim Lernen nicht stört und alle anderen auszublenden. Manchmal hilft auch sehr ruhige klassische Musik. Sie können sich auch eine andere Umgebung vorstellen, vielleicht eine schöne Wiese im Wald. Wenn es Ihnen schwerfällt, den Zugang zu einem bestimmten Text zu finden, können Sie auch den semantischen Zugang nutzen. Suchen Sie dafür alle Ks oder einen anderen Buchstaben Ihrer Wahl und kreisen Sie diesen ein. Auch wenn Sie den Text dabei noch gar nicht lesen, findet doch eine Fokussierung statt, so dass es Ihnen anschließend leichter fallen wird, sich auf den Text zu konzentrieren.
Sie können zwischendurch auch Entspannungsübungen einbauen, z. B. für die Muskeln, um Anspannungen zu lösen, oder Übungen für die Atemtechnik, um sich wieder besser konzentrieren zu können. Für beides und auch für autogenes Training finden Sie z. B. bei YouTube viele hilfreiche Videos und Anleitungen.